| |
Notizen, will sagen
Blogs -
Goedart Palm - Archiv
Verdikte >>
|
Was
mich an Bach stört, ist das ewige
Rechthaben. |
Novalis,
lange vor Camus gesagt: Selbsttötung als der „ächte“ philosophische
Akt, der Anfang aller Philosophie.
|
Einige
Ausführungen zu Nine/Eleven
>> 6.Jahrestag - so to speak |
Der
Erfolg der "Maschinenmusik" von Kraftwerk
war der, dass sie so klangen, wie Menschen glauben, dass Maschinen
klingen, wenn sie Musik machen. Die "Menschmaschine" war pure
Prätention, aber eine, die wichtig wurde, weil man wusste, dass es Musik
geben würde, die nicht mehr von Menschen komponiert wird. Reine
Maschinenmusik wäre für Menschen eher nicht erträglich, dann warum
sollten Maschinen auf wahrnehmungspsychologische Mechanismen von Menschen
abstellen. Nichts anderes gilt für die Ästhetik (Mafarka). |
Achtung!
Nicht vergessen: Lest Leo Perutz, wenn Ihr gute, nicht zu schwergewichtige
Belletristik sucht. |
Gerade
(12.08.2007) eine superlangweilige Werbung von
IBM auf Telepolis mit drei Mini-Filmchen gesehen. Es ist
unglaublich, geniale Werbeeinblendungsmöglichkeiten so zu verschenken,
weil der Begriff der "Werbung" bei den meisten Werbemachern
schon a priori verhunzt ist. Sie wissen um ihre eigene Moral und vertrauen
dem Produkt so wenig wie der Idee der Werbung. Die, die das Gegenteil
behaupten, sind die Schlimmsten. Werbung unter diesen Auspizien kann nur
funktionieren, wenn man beim Werbemachen an etwas anderes denkt. Mit
anderen Worten: Nur paradoxe Werbemacher könnten gute Werbung machen, was
mitunter aber vielleicht nichts anderes als Nichtwerbung ist. Das heißt,
wie man auch immer wirbt, es bleibt ein Rätselspiel, das allerdings bei
vielen Profis schlecht aufgehoben ist.
Statt dessen sollten die Leser sich dem gleichzeitig
erschienenen Filmmusik-Essay von Peter Brinkemper widmen, da lernt man
mehr über Wahrnehmungsweisen als bei unseren synergetisch hilflosen
Werbefuzzis. |
Quake
4: das Landschaftsdesign - einschließlich der
"Innenarchitektur" - hat beeindruckende Momente, wenngleich
diese aufgemotzte Piranesi-Ästhetik in viele Spielen stilbildend zu
beobachten ist. Es sind Reisen in das Innere, Traumlandschaften, die immer
weniger daran glauben lassen, dass Träume Wunscherfüllungen sind. Im
Traum geht es um die Erholung von der anstrengenden Ich-Identität. Im
Prinzip bin ich gegen Zensur, aber die Schnittberichte zur "Ab
16-Fassung" sind wenig geeignet, darin einen Fehler zu sehen. |
Gustave-Moreau
Museum
14, rue de La Rochefoucauld,
F-75009 PARIS
France - in den siebziger Jahren fragte ich nach dem Weg und zwei Häuser
entfernt vom Museum erklärte mir eine Anwohnerin in dieser Straße gebe
es ganz sicher kein Museum. So besitzen mindestens 90% eines Volkes
"ihre" Kultur. 2018 revisited. Lohnt sich! |
The
One Armed Swordsmen (1976) mit David
Chiang: Zu den Gründen, diesen Film zu sehen, später. Prima vista: Der
Italo-Western ist im Eastern angekommen. Das ist Multikulti. Filme mit
Migrationshintergrund. |
Trivia:
Nicolas Cage hat eine Großmutter, die aus Cochem an der Mosel stammt. Ich
habe einen Großvater, der dort herkommt. Also wenn das nichts
beweist. |
Sind
Testamente die Rache der Toten an den
Lebenden? Folgt man den verästelten Interpretationen der Rechtsprechung
zum Willen des Erblassers wird es schwer, das anders zu sehen. |
V
for Vendetta (Drehbuch,
Wachowski-Brüder): Das konnotative
Kunstwerk schlechthin, zugleich ein Machwerk. Gunpowder heißt Faschismus,
1984, Konzentrationslager, Guantanamo, Biotechnologie, Bioterror,
Kulturindustrie, Clint Eastwood respektive El Topo (Metallplatte als
Kugelschutz), Montana Sacra, Neocons, klerikale Pädophilie,
Situationismus, Spaßguerilla, WTC, Zorro etc. in eine Granate
packen und dann den Zünder auslösen. Es gibt keine Zufälle, wir bewegen
uns also in einem deterministischen Universum. Ideen sind kugelsicher.
Für einen Comic eine wichtige Botschaft, da gerade hier doch Ideen so
gefährdet sind, ja geradezu im Verdacht stehen, ideenfrei zu sein. V ist
eine Freiheitserzählung mit höchster platonischer Intensität. Permanent
geht es um die Frage der Wahrheit, die ähnlich wie das kantische
Strafprogramm, auch dann noch realisiert werden muss, wenn die vormaligen
Protagonisten längst tot sind, aber die historische Botschaft als
überhistorische keinen Aufschub mehr duldet. Eine Apologetik des Mediums:
Wir sagen die Wahrheit, indem wir lügen. Aber wieder trifft uns die alte
Kreter-Frage, die hier ironisiert wird. Als der Folterminister V fragt,
warum er denn nicht tot sei, verweist dieser auf den Unterschied zwischen
Fleisch und Ideen. Das entspricht zwar der weiteren Filmlogik, doch -
anders noch als Clint Eastwood oder El Topo - ist der Held nicht "bulletproof".
Im platonischen Ideenrettungsprogramm, an dem Menschen auch ein wenig
teilhaben (Methexis), gibt es ein abgespecktes Prinzip Hoffnung. Seit
Matrix wissen wir, dass Hugh Weaving aka V aka Agent Smith geklont werden
kann und folglich Überleben möglich ist. Für V ist das aushaltbar, weil
er weiß, dass die Geliebte ihn im Tod liebt und er mehr nicht erwarten
kann. Er hatte sich an seine Existenz als genetischer Überlebensklumpen
gewöhnt und E-V holt ihn noch einmal kurz in das romantische Programm,
die andere Todesbekämpfungsweise, zurück. Seine eigentliche Transzendenz
sind die maskierten, d.h. uniformierten Massen, die sich, indem sie sich
dazu bekennen, erst zu wahren Individuen werden.
- Remember, remember the fifth of November,
- The gunpowder, treason and plot,
- I see of no reason why gunpowder treason
- Should ever be forgot.
- Guy Fawkes, Guy Fawkes, 'twas his intent
- To blow up the King and the Parliament.
- Three score barrels of powder below,
- Poor old England to overthrow:''
- By God's providence he was catch'd
- With a dark lantern and burning match.
- Holloa boys, holloa boys, make the bells ring.
- Holloa boys, holloa boys, God save the King!
- Hip hip hoorah!
|
Herr, gib mir
meine täglichen Tantiemen. Wieder
eine Überweisung des Suhrkamp-Verlags auf meinem Konto. Der warme Regen.
Allerdings könnte man sich davon keinen Band aus der edition suhrkamp
leisten, von Remittenden-Kisten abgesehen. |
Perlenketten
bei Kaufhof (31.01.2007). Frauen greifen nach 3 Euro-Ketten mit der
Begehrlichkeit, die frühere Kolonisatoren schon ausnutzen. Ich
interessiere mich auch dafür. Ich bin ein Eingeborener wie jeder, der
sich dem Glanz und Glitzern nicht entziehen kann. |
Nach Diktat
verreist, Nach Diktat vergreist, Nach Diktat vereist. |
Spiegel online, 27.01.2007: "Japans
Schulen, wo traditionell Leistungsdruck und rigide Disziplin herrschen,
sind der konservativen Regierung inzwischen zu lasch. Leichte
Schläge auf den Kopf seien völlig in Ordnung, meint der
Ministerpräsident. Selbst die Lehrergewerkschaft findet Prügel richtig." |
Der
Ex-Terrorist Christian Klar richtet
ein Gnadengesuch an den Bundespräsidenten Horst Köhler, um nach zwanzig
Jahren Haft entlassen zu werden. Angeblich soll Klar von Günter
Gaus zu diesem Schritt motiviert worden sein. Einigen
öffentlichen Kommentatoren fehlt die Reue. Kann man sich Reue leisten,
wenn man zwanzig Jahre sitzt, einen politischen Glauben besaß und sein
Leben daran setzte, ihn zu verwirklichen. Diese Reue kann nicht ernsthaft
diskutiert werden. |
Die Blogs
kommen auch wieder aus der Mode (25.01.2007). Meistens ist die Qualität
inakzeptabel, privatistisches Gerede im öffentlichen Brackwasser, vor
allem aber die Konkurrenz ist genau so gut wie schlecht. Keine Gründe zu
lesen. |
Auch
Caroline von Monaco, 50. Geburtstag, 23.01.2007. Dieses Jahr
trifft es viele, die ich kenne. Was gibt es darüber zu sagen? Ein
immerhin nicht ganz unerheblicher Erfahrungszeitraum, die Chance auf ein
bisschen Weisheit vor der Senilität. |
Schlechte
Zeiten für Postkarten. Warum sollte man heute noch
Urlaubsfotos machen, wenn Sie bereits alle im Netz veröffentlicht sind?
Es gibt keine Ansichten mehr, die man vor Ort erwerben müsste, jenseits
derer, die man selbst anfertigt. Die große Zeit der Idiosynkrasien bricht
an. Ein bloße Ansicht, generalistisch, unpersönlich etc. behauptet sich
nicht. Deswegen ist auch ein großer Teil des Pixelschrotts, den heute
Webseiten zieren, überflüssig. Sebastian Haffner hat sich in einer
Glosse über Postkarten in den dreißiger Jahren ausgelassen. Demgemäß
sind Texte in diesem Kontext sinnfrei. Wir waren da, nicht mehr und nicht
weniger. |
Bei der
Lektüre Martin van Crevelds: Militärhistoriker,
die keinen Propagandaauftrag zu erledigen haben, sind meistens sehr
sachliche Leute. Vergleiche Karl Marx zu von Clausewitz. |
Das Renato Guttuso
Bild "Caffé Greco" (1976) stand vermutlich Pate für die
Immendorff-Cafe-Bilder. Das Cafe ist malerisch ein guter Ort, eine
Kleingesellschaft zu produzieren. Allein die soziologischen Aussagen sind
bescheiden und weder Guttuso noch Immendorff machen eine politische
Aussage. |
Die
Stofflichkeit von Vuillard. Bunte
Stoffe, die Stofflichkeit wird dupliziert. Bei Vuillard wurde die Malerei
so pastos, dass Ihre Stofflichkeit ein Wirklichkeitsbeweis ist. |
„Ich
habe das Theater immer sehr geliebt, und dennoch gehe ich fast nie mehr
hin. Das ist ein Wandel, der mich selbst befremdet. Was ist geschehen?
Wann ist es geschehen? Habe ich mich verändert? Oder das Theater? Liebe
ich es nicht mehr, oder liebe ich es zu sehr?“ (Roland
Barthes).
So
ging es mir mit dem Kino, doch das Medienereignis DVD macht immerhin den
Film wieder attraktiver, wenn auch nicht das Kino, diesen Ort
der Nichtgemeinsamkeiten mit einem Publikum, das mich stört.
"Popcorn" ist zumindest der Untergang meines Abendlandes. |
Von der Nigeria-Connection
bekomme ich mein täglich E-Mail, aber heute war ich sehr enttäuscht. Man
bot mir diesmal nur 20% von 8,5 Mio Dollar für meine Transferleistungen.
Schon fühlte ich mich aufgerufen, mich zu beschweren, dass diesmal
lediglich eine so geringfügige Summe beiseite geschafft wurde. Wenn man
schon von fiktivem Geld redet, ist es ungehörig, den Adressaten mit
solchen Kleinigkeiten zu behelligen. Die Provision reicht nicht mal für
eine vernünftige Villa in Malibu. Manchmal rätselt man wirklich
darüber, was diese Menschen denken, vor allem, wie wenig sie an die
imaginäre Zukunft ihrer Opfer denken (04.12.2007). |
Ist
der fehlende Widerstand des Materials
das neue Problem der Ideen? Hier ist viel auszuführen. Denn es geht nicht
nur um die Technik, die unser Schreiben etc. beeinflusst (Stichwort:
Nietzsches Schreibmaschine). |
Der
Sinn des Silvesterfeuerwerks: das
Schicksal beschießen, die Zukunft töten. (Januar 2007) |
„Postmodern“
war eines der letzten Wörter, das annäherungsweise Aussagen
zeitlich kontexualisierte, ohne das tradierte Epochenschema völlig zu
verlassen. Ab jetzt ist es schwer, eine Zeit nach der Moderne zu
bezeichnen, zudem Moderne längst so abgestanden klingt, dass
„industrielle Antike“ passender wäre. Wir können auch nicht
„ewig“ in der Neuzeit leben, zudem das Neue selbst immer anämisch
wird, wie es seine Idee will. Wir wissen also nicht, in welcher Zeit wir
leben. Das ging vorhergehenden Zeiten auch so, aber das hinderte die
Zeitgenossen nicht, ihre Zeit zu etikettieren. Ohne „Time Branding“
ist das Signum dieser Zeit.
|
Nicolás
Gómez Dávila behauptet,
keine Meinungen zu haben. Doch das entscheiden nie wir selbst. Wie viele
landen auf dem Scheiterhaufen, vor dem Kadi oder erleiden die Fährnisse
einer aggressiven Öffentlichkeit, die nie vorhatten, eine Meinung zu
haben.
|
Youtube
- Pro Tag
werden 65000 Clips neu eingestellt und ca. 100 Millionen Videos betrachtet
– laut Spiegel online, Ende 2006. Wahrscheinlich ist Andy Warhols
Prognose über die 15-Minuten-Berühmtheit grundfalsch. Denn wie kann Berühmtheit
noch entstehen, wenn die Aufmerksamkeitszeiten ständig fallen und
zugleich die kulturellen Manifestationen aller Art permanent wuchern?
Zuletzt bleibt uns nichts anderes übrig, als uns selbst zu bewundern.
Perfekter Mediensolipsismus. Perfekter Medienkannibalismus. (Januar
2007)
|
Die
Hinrichtung von Saddam Hussein am
30.12.2006 wird bis zu dem Zeitpunkt gezeigt, als ihm die Schlinge um den
Hals gelegt wird. Pietät? Tyrannenmord als Nebensache für den real
player. Das Schicksal wird auch durch journalistische Obsessionen
entsorgt, die einer botmäßigen Technik folgen. Wiederholung ist eine
Herrschaftsform. Ein Ewigkeitsversprechen, was Nietzsche dann schließlich
auf den Höhepunkt trieb: Die Wiederkehr des Immergleichen. Nicht als
Programmversprechen von TV-Sendern, sondern als metaphysisches
Schwergewicht. Most Viewed (Today) in Comedy ist bei “You Tube” die
Hinrichtung Saddam Husseins. Nachtrag: Inzwischen kursiert ein Video mit
der Darstellung der gesamten Hinrichtung.
|
„Gespräch
zwischen Andreas Johannes Wiesand und dem Künstler Klaus Staeck über die
Autonomie der Kunst, den
Kommerzialisierungszwang und über den Tod auf ...“ sehe ich gerade im
Netz. Ach ja, die Autonomie der Kunst gab es nie. Als ob nicht alles
Regelwerk wäre. Nicht nur die extrinsischen Momente, staatliche,
gesellschaftliche Zwänge, mehr noch dieses Regelwerk in jedem Künstler,
auch jenen, die ihre Freiheit proklamieren. Arnold Gehlen nannte das die
"innere Galeere", aber es muss kein Frondienst sein, sondern
eine normative Ästhetik, die sich aufdrängt wie die Identität. Wir
gehorchen Zwängen, die wir nicht einmal mit Namen nennen können und
entscheiden uns dann für den nichts begreifenden Begriff: Freiheit.
|
Man
schreibt nicht die Dinge auf, die man denkt, sondern schreibt auf, um zu
wissen, was man denken kann. Schreiben
ist mehr als nur ein Verfertigen der Ideen beim
Schreiben. Die Ordnungen des Textes sind von der Niederschrift
vorhanden, aber sie sind weniger als Schall und Rauch, wenn sie nicht
verdinglicht werden. Text ist also ein Fetisch.
|
Die
meisten Extrapolationen auf die Zukunft
lassen sich von gegenwärtigen Wahrnehmungen respektive Sinneseindrücken
leiten. Du siehst einige Kopftücher und zugleich verwandeln sich die
christlichen Kirchen in Moscheen. Geschichte folgt nicht jeder Kassandra.
|
"Mein
Freund Harvey": Der Pooka löst alle deine Probleme, wenn
du bei dir bleibst. James Stewart nennt sein Rezept, entweder
"smart" oder "pleasant", letzteres ist weniger
anstrengend. |
Alte
Filme sehen wie in alten Räumen wandeln. Man kennt sie und
doch wird man überrascht. Filme werden in der Wiederholung oft
spannender, ein Prozess, der aber nicht beliebig verlängert werden kann.
Mit anderen Worten: Die Wiederholung setzt erst ein, wenn man den Film
einige Male gesehen hat. |
Gewissen
ist Macht. Diese Phrase fiel mir ein und längst gibt es
sie. Das Internet zerstört permanent den Traum von der eigenen
Originalität. |
Am Tag des
jüngsten Gerichts. Gott gibt dir in allen
Punkten Recht: Deine Religion, deine Kultur, deine Lebensweise
waren richtig, die der anderen falsch. Endlich jemand, der dir mit voller
Autorität Recht gibt. Allein der Rebbe weiß, dass jeder diese
Erfahrung macht. Da capo. |
Texte
kürzen ist mitunter wie abtreiben. Verleger und Leser werden
am Tag des jüngsten Gerichts Schwierigkeiten haben, dieses Nadelöhr zu
passieren. |
In den
fünfziger Jahren sahen alle Menschen gleich
aus. Irgendwann werden sie das auch über euch sagen. Der historisch
generalisierende, entdifferenzierende Blick. |
Manche
Menschen glauben, ihre Irrationalität
würde das Gegenüber mit Emotionalität verwechseln und darum schätzen
oder gar lieben. |
Wenn die Wahlen
von externen Kräften gesichert werden müssen, wird die Demokratie, die
diesen Wahlen folgt, nicht minder sein. Demokratie lässt sich
regelmäßig nicht von außen produzieren. |
Hilary Putnams
Analysen haben regelmäßig einen oder mehrere Punkte in der Darlegung, wo
ein oder zwei Sätze ergänzender Vortrag das Verständnis enorm fördern
würden. In diese Leerstellen schreiben diverse Vertreter der Zunft
hinein, was bekanntlich zur üblichen Logik des Wissenschaftsbetriebs
gehört. Whitehead hat dem gemäß die gesamte Philosophie nach Platon als
Fußnoten zu dessen Texten erklärt. Aber wie viel Pose steckt in
dieser Feststellung, die sich schließlich doch über Hunderte von Seiten
ergießt. |
Warum werden
Menschen in helfenden Berufen zu Menschenverächtern?
Sie sehen wie klein Menschen werden können und verachten sich, weil sie
wissen, dass sie auch so klein wären. Oder sehen sie ihre Größe? |
Wir sehen
Fotos von Menschen, die wir getroffen haben, ohne das daraus eine
Geschichte geworden wäre. Der nostalgisch-virtuelle Blick. Wenn es so
gelaufen wäre ... Ausführen. |
Sämtlichen
Museen dieser Welt, die Bilder zeigen, fehlen nach meiner nicht ganz
kleinen Statistik wichtige Hinweise. Welcher
Seh-Abstand ist für welches Bild zu wählen? Denn der Abstand
entscheidet bei den meisten Bildern über ihre Wirkung.
Selbstverständlich kann man Perspektiven ändern, forschen etc. Doch der
Idealabstand ist eine wichtige Größe und hier mag man den Ideen des
Malers folgen. |
Beleidigungsscholastik.
Konrad (5 Jahre, Oktober 2006): „Loch“ ist keine Beleidigung. Also ist
die Beleidigung "A" nichts anderes die Beleidigung "Al". Und
das geht noch weiter: Sagt man "Aal", mögt ihr jenes darunter
verstehen, ich aber dieses.
|
Als Papa
streikte ... so hieß doch dieses nicht geschriebene Buch. |
Fake
it or leave it. 13.10.2006 |
Traumarchitekturen:
Mir sind die Visionen von Felix Ziem sehr geläufig, schade, dass es keine digitale
Traumkamera gibt, jedenfalls noch nicht, dann wären die wirklich
aufregenden Bilder zu machen. Die Psychoanalyse bietet leider wirklich zu
oft einen puerilen Symbolismus, wie es Lovecraft mal genannt hat. Die
wirklich untergründigen, tief liegenden Bildschichten, um nicht von
Archetypen zu reden, um die es eben auch nicht geht, sind begriffslose
Bilder der Imagination, die irreduzibel und "inkommensurabel"
auf nichts als sich selbst verweisen. Erst wenn man das akzeptiert hat,
kann man wieder sein Begriffsinstrumentarium auspacken und auf die
Urbarmachung des Erhabenen hoffen. 10.10.2006 |
Kinderwissen:
Einfachheit kann
präzise sein, das vergessen Erwachsene, die meistens mit einem
unterkomplexen Begriff von Komplexität durch das Leben gehen. |
Man benötigt
einen Ratgeber in religiösen Konflikten.
Nur wer soll dieses Vademecum verfassen? |
Der ungarische
Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany erklärt:
Den Wähler habe man morgens, mittags und abends belogen. Die Regierung
habe "alles verbockt" etc. Darauf regt sich Volkszorn. Und in
der Tat, das Verhalten des Ministerpräsidenten ist unverzeihlich.
Selbstverständlich weiß jeder, dass man permanent von Politikern aus
Gründen des höheren Gemeinwohls und Ähnlichem belogen wird, aber es
doch comment, dass nur der Wähler oder Kritiker dergleichen sagen darf.
Hier droht Rollenkonfusion. 20.09.2006 |
Wer von seinem
Glauben überzeugt ist, kann nicht leicht provoziert werden. |
Roger
Willemsen als Kabarettist. Für mich als Helmholtzianer und
Duisdorf-Kenner interessant und auch gut vorgetragen. Jedenfalls um
Lichtjahre besser als einige dieser Pseudostars, die außer aufgewärmten
Instant-Witzen nichts zu bieten haben. Was Willemsen verbessern sollte:
weniger inszenierte Larmoyanz, die auch augenzwinkernd vorgetragen nicht
ganz überzeugt. An einigen Stellen sollte er zudem "entkalauerisieren",
denn die Geschichte mit dem Kartenspiel, dessen Sieger durch die Wahl der
Fliege festgestellt wird, ist alt, uralt. (16.09.2006) |
Die Klage
über die Informationsfluten, abgesehen von ihrem performativen
Selbstwiderspruch, dem Müll noch mehr Müll hinzuzufügen, ist
gegenstandslos. Denn die informationsverwertenden Maschinen werden genau
so nachwachsen wie die Müllverbrennungsanlagen und unendliche Filter.
Allerdings hatte die Menschheit Zeit genug, eine
Selbstberuhigungsdialektik zu entwickeln, dass Gift und Antidot sich so
entwickeln wie das Antidot wieder zum Gift ... ad infinitum. Aber für
Weltuntergangsapostel bzw. Apokalyptiker ist diese Struktur viel zu
aufwändig. (12.09.2006) |
Antiterrorkampf:
Keine Berichterstattung, nichts, null. Das funktioniert
selbstverständlich nicht wirklich, weil die Medien sich darauf nicht
verständigen können. |
Ein Fundstück
(ca. 1999): Leo
verabschiedet sich von einem Brunnen: “Tschüß
Brunnen”. Das haben wir Erwachsenen vergessen. Unsere
Abschiede nehmen wir kaum je wahr. Wir bewegen uns in den Illusion ewiger
Wiederkehr. Keiner zählt die Abschiede, die kleinen Tode. |
Unwissen.
Längst entwickeln sich Partikularsprachen, die nicht mehr lebensweltlich
einzuholen sind. Zum arcanum der Rechner gehören ihre Sprachspiele, die
eine immer höhere Exklusivität der Teilnehmer voraussetzen. Hier
entsteht eine neue Form der Wissensherrschaft, exponentiell wachsend. |
Jenseits
der Signatur. Was Malerei ist, können nur Maler wissen, aber
selbst diese kommen oft nicht zu dem Punkt, aus der Malerei heraus zu
schaffen, sondern kleben an Konzepten und Materialvorstellungen. Erst wenn
der Prozess fließt, die Malerei den Maler verdrängt, erst dann zeigen
sich ihre Möglichkeiten. Der Prozess überflutet das Ich. In Texten sind
die Abläufe regelmäßig komplizierter, weil der Logos sich nicht verdrängen
lässt, immer wieder Kontrollen auftauchen. Automatische Schreibweisen
haben sich nicht institutionalisiert, wurden nicht zu Gattung. |
Ein Fundstück
- Eiskunstlauf im Fernsehen 23.03.1999.
Eiskunstlauf im Fernsehen, einer der Läufer winkt fröhlich in die
Kamera. Leo winkt zurück und lacht ihn an, ist aber sogleich unzufrieden,
weil der ihn nicht mehr anguckt, sondern in eine andere Richtung seine Grußhände
verteilt. |
HAL (2001)
singt zum Ende: “Hänschen Klein”
- zuletzt sind wir auch allein und regredieren, zurück zum Leib der
Mutter, imaginär. Wir sind HAL. Es gibt keine Scifis, die nicht der
Gottschöpfungstheorie Feuerbachs folgen. |
Möbilierung
des Denkens. Wer ohnehin Probleme hat, lässt bestimmte
Gedanken nicht zu, die ihn noch weiter beschweren. Ein freier Geist wäre
ein unbelasteter oder einer, der Zuflucht sucht bei Gedanken, die seine
Sorgen vertreiben. Kein Denken ohne diesen Pragmatismus, der Rücksicht
auf den Denkenden nimmt. Gedanken sind wie Möbel, auf denen man ruht.
Paradigmatisch sind unsere Denklandschaften mit Möbeln ausgestattet, die
unterschiedlich bequem sind. Stühle vermitteln mehr Wachsamkeit als
Sofas, in Betten verkriecht man sich und wer will schon auf Dauer auf
einem Hocker sitzen? Es gibt Wasserbetten und Hängematten, der Geist wird
geschont und strapaziert. Irgendwann gehört das meublement auf den Sperrmüll. |
Ein
Fundstück: Leo meint in der Badewanne: “Der Schwamm macht Pipi” (März
1999). Vorgänge werden aus anderen Vorgängen “erklärt”. Unsere
Weltbilder sind auch nichts anderes als Erklärungen aus Vorerklärungen,
Ableitungen, die uns passend erscheinen, weil niemand zu uns sagt: “Ein
Schwamm kann nicht Pipi machen”. |
Spiegel
Online, 29.08.2006: "Nachdem das Filmstudio Paramount Pictures Tom
Cruise rausgeworfen hat, muss sich der Schauspieler mit einem schlechteren
Deal und neuen Geschäftspartnern zufrieden geben. Braucht Hollywood seine
Stars nicht mehr?" Das genau ist die crux der Spiegelwelterschließung. Eine weitere Irrung des Tom Cruise und schon
droht das Starsystem zu fallen. Jedes Ereignis muss hegelianisch gesalbt
werden, weil Ereignisse ohne Trendanzeige banal sind oder schlimmer: keine
Ereignisse sein könnten. Die richtige Frage lautet eher: Braucht die
Welt diese Weise der Berichterstattung respektive Meinungsbildung? Die
Antwort dürfte ambivalent ausfallen und wir werden sie an anderer Stelle
geben. |
Aus einem Spam-Mail: "Diese Seite hier ist nichts mehr für schwache Nerven und sprengt
jeden guten Rahmen der Sittlichkeit."
Hätte sich Platon das als Werbung für das etwas andere
Freizeitvergnügen vorstellen können? Vermutlich braucht es starke
Sitten, um höchste Lüste zu garantieren. Der M. de Sade wusste das bis
zum allfälligen Exzess. Die Dialektik indes bleibt: Wer zu viel von Sittlichkeit
redet, um seine Lustbarkeiten anzupreisen, entlarvt sich als
Anti-Libertin, zumindest im Versuch seiner Selbsttäuschung. |
August
Koelle, vielleicht der erste Technikphilosoph, 1822: "Die
Technik befreundet den Menschen mit der Natur." Das ist gut gesagt.
Lichtjahre von Rousseau entfernt. |
Das sind schon deshalb keine
klassischen Blogs, weil ich sie jederzeit korrigieren würde. Das Ethos
der "Schreib hin wie gedacht, Fehler sind
authentisch"-Mentalitäten ist mir fremd. |
Hätte man als
Einziger dieses Medium besessen, wäre
man einer der Mächtigen gewesen, was immer man unternommen hätte. Doch
man hätte nie der Einzige sein können, weil die Apparatur eben bei den
Empfängern vorausgesetzt wird. Selten, trotz diverser Staatsdiktaturen,
war eine wirklich völlig gleichgeschaltete Macht in instantaner
Vermittlung. (19.08.2006) |
hier
geht es weiter >> |
Archiv
Verdikte >> |
Die
Zukunft des Internet, Essay bei telepolis zum zehnjährigen Jubiläum |

In unserem Nouvelle Vague-Kino gibt es
ein besseres Programm >>
|